Zuerst einmal möchte ich mich für die lange Stille entschuldigen. Ich habe dieses Projekt nicht vergessen, aber es ist gar nicht so einfach, größere Übersetzungen im Alltag unterzubringen. Deshalb gibt es heute nur einen kleinen Artikel aus der Online-Ausgabe der japanischen Zeitung Asahi Shinbun, der auch schon wieder über eine Woche alt ist. Das Thema Islamischer Staat geht auch am fernen Japan nicht spurlos vorbei, auch wenn man dort zumindest bisher noch keine Anschläge fürchten musste. (Ich bin momentan in Paris und mir ist schon etwas mulmig dabei, U-Bahn zu fahren. Aber zu 100% sicher ist man natürlich nirgendwo und nie…)
Student der Universität Hokkaido plant Reise nach Syrien im August, Teilnahme am Islamischen Staat
Nach Recherchen der Abteilung für Öffentliche Sicherheit des Tokioter Polizeipräsidiums plante der Student (26) der Universität Hokkaido, der als Kämpfer in Syrien in die Extremisten-Organisation “Islamischer Staat” eintreten wollte, im August nach Syrien zu reisen. Auch diesmal gab es einen Versuch über ein Buchantiquariat in Akihabara (Tokio), der jedoch aufgegeben wurde. [Wer des Englischen mächtig ist, kann diesem Artikel in der New York Times entnehmen, dass besagter Buchladen auch in anderen Fällen verdächtigt wird. Dieser Artikel der Japan Times hat sogar ein Foto der Stellenanzeige.]
Nach Angaben der Abteilung für Öffentliche Sicherheit hatte der Student für August seine erste Reise nach Syrien geplant und auch ein Flugticket vorbereitet, diesen Plan jedoch nach Problemen mit Beteiligten aufgegeben. Am 7. dieses Monats startete er einen neuen Versuch zur Reise. Am 6. durchsuchte die Abteilung für Öffentliche Sicherheit den antiquarischen Buchladen, der eine Stellenanzeige mit Inhalt “Arbeitsstätte: Syrien” veröffentlicht hatte, sowie eine mit dem Buchladen in Verbindung stehende Wohngemeinschaft im Tokioter Bezirk Suginami.
Der Befugte des antiquarischen Buchladens ist ein Japaner in den Dreißigern. Im Gegensatz zu unserer Recherche von Ende September hatte er die Stellenanzeige [bereits] im April veröffentlicht und erklärte, dass er mehrere Personen, die als Kämpfer in die IS eintreten wollen, einem ehemaligen Professor für islamisches Recht vorgestellt habe.
An dieser Stelle frage ich mich, was zur Entlassung des besagten Professors geführt und wie viele seiner Studenten er zu beeinflussen versucht hat. Andererseits sollte ein 26-jähriger Student (auch wenn man in Japan meist nicht durch kritisches Denken, sondern durch stures Pauken an gute Universitäten kommt) doch etwas mehr kritisches Denkvermögen besitzen… Laut dem oben zitierten Artikel der Japan Times hätte der Student kein Problem damit, im Kampf umzukommen, da er sich sowieso selbst das Leben nehmen wolle. Jedoch fällt es mir schwer, Mitleid für sein offenbar trauriges Schicksal (oder seine labile psychische Verfassung) aufzubringen, wenn er vorhat, mehrere andere Menschen mit in den Tod zu reißen.
Ein weiterer Artikel von Asahi Shimbun erklärt übrigens, dass japanische Einzelpersonen, die eine kriegerische Absicht, sei es in Vorbereitung oder Verschwörung, gegenüber anderen Ländern hegen, mit Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden können.